(Audio-)Industrie 4.0

Aussichten und Konsequenzen

Die möglichen Konsequenzen:

Was folgt aus den hier angestellten Überlegungen? Dass alles besser, schneller höher, weiter und vor allen Dingen sicherer wird? Einmal ganz abgesehen von den möglichen Einsparungen?

Industrie 4.0, würde ich gerne (wenn auch ein wenig scherzhaft) in ein Gesellschaft 4.0 umbenennen. Wir leben mitten in der 4. Industriellen Revolution, wie weiter oben bereits beschrieben. Was sich nun aufdrängt, ist die Frage nach den gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Revolution.

Wird sie, wie schon frühere Revolutionen, ihre Kinder fressen?

Vielleicht hilft ein Blick auf die bereits eingetretenen und möglichen Auswirkungen auf Arbeitsplätze, denn hier besteht ein direkter gesellschaftlicher Zusammenhang. Die betroffenen Arbeitsplätze möchte ich gerne listen:

  • Handlanger und Hilfsarbeiten
  • Dienstleistungen in unterschiedlichsten Bereichen
  • Einfache Arbeitsvorgänge
  • Komplexere Arbeitsvorgänge (z.B. Endmontage, aber zukünftig auch Hausbau, Modellbau durch 3-D Druck, …)
  • Mittleres Management (z.B. Schalterangestellte in Banken, Behörden, …)
  • Höheres, mittleres Management + Verkauf (Bank, Versicherung, Vertrieb inkl. Vorbereitung und Abwicklung der Auslieferung…)
  • Geistig, schöpferische Tätigkeiten (Design, Musik, einfache Texte/Literatur, Bilder, Plastiken) – es gibt Milliarden von Fotos, Bildern, Texten, Melodien, Vorlagen – alles nur ein Frage der Zusammensetzung…
  • Landwirtschaftliche Erzeugung – was früher 50 und mehr Landarbeiter erbrachten, macht heute ein einzelner Bauer alleine (z.B. arbeitsintensive Tätigkeiten, Bodenanalyse, Pflanzenoptimierung). Dabei ist die Ernte bei gleichzeitig höherem Ertrag leichter einzubringen…

Die Liste lässt sich noch sehr lange fortführen und belegt dabei eigentlich nur eines: Wir stehen mitten in einem Wandel von bisher noch nie dagewesenem Ausmaß! Das war zwar in jeder früheren industriellen Revolution auch der Fall, der Mensch per se blieb aber nach einer Übergangszeit immer noch wichtig!

Wenn wir es bei Lichte betrachten, ist folgendes passiert und wird stetig mit zunehmender Geschwindigkeit ausgebaut: Arbeit, die in vielen Bereichen – ob einfach oder komplex – ihre Menschen ernährt hat, verschwindet. Die Güter und Leistungen erzeugen sich, besonders im Vergleich zu früheren Zeiten, praktisch schon von alleine. Und diese Bereiche weiten sich schneller aus, als neue Arbeit für Menschen entsteht.

Eigentlich paradiesische Verhältnisse! Das Schlaraffenland rückt näher. Vielleicht bedeutet Industrie 4.0 auch Schlaraffenland 1.0 – zum Segen von allen. Weniger arbeiten, besser leben. Konzentration auf das „Wesentliche“ (wenn man denn weiß, was wesentlich ist…).

Aber: Wenn viele nicht mehr arbeiten, wer kauft dann die tollen, modernen und kreativen Erzeugnisse? Wird dann Schlaraffenland 1.0 zu Hartz 5? Schwierig, zumal ein Unternehmer ohne zahlungskräftige Kunden weniger bis nichts verkauft, also auch keine Steuern und Beiträge zu Finanzierung ehemaliger Angestellter aufbringen kann. Dies würde bedeuten, dass Produktion uninteressant wird, denn es gäbe nichts mehr zu verdienen.

Wie sagt der Kölner: Et hätt no immer juut jejange… Wenn er sich da mal nicht täuscht! Menschen sind von ihren Instinkten und natürlichen Veranlagungen her gierig, gewalttätig, machtbesessen und besitzorientiert. Das hören wir nicht gerne und gerade unsere Industrie ist an dieser Art Kritik nicht wirklich interessiert. Daher spricht man bezüglich Industrie 4.0 im Allgemeinen nur über Vorteile und vielleicht „Erscheinungen“ innerhalb unserer Gesellschaft!

Noch fehlen „iMarx und iEngels“, die Querdenker der digitalen Revolution, die aufzeigen, was die gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen sind und noch sein werden. Aber wenn sie kommen und Menschen ein erneutes Recht auf ein Leben in Würde und Wohlstand einräumen bzw. es einfordern: Was wird dann passieren? Die Entwicklung deutet darauf hin, dass wir in der Zukunft keine soziale und ökonomische Schere, sondern eine Parallelgesellschaft erzeugen – und das mit allen Konsequenzen! Steht uns also eine erneute „Verelendung der Massen“ bevor?

Horrorvisionen, Prophezeiungen? Nein, nur Überlegungen, wie sich unsere Informations- und Automationsgesellschaft entwickeln könnte.

Was man bedenken muss, sind auch gravierende Unterschiede in den technischen Anwendungen. Am Beispiel Musikproduktion und Durchsage- bzw. ELA-Technik kann man es schnell erkennen:

Wenn ein, wie auch immer produziertes, Musikstück nicht gefällt, dann ist das eben so. Konsequenzen gibt es, außer für den „Künstler“, kaum.

Bei der Durchsage- und Evakuierungstechnik aber schon. Warum, kann man an einem einfachen Beispiel festmachen: Wenn Menschen sterben, weil ein sich selbst optimierendes System versagt hat, wird die unvermeidliche Frage gestellt werden, wer dafür die Verantwortung übernimmt. Der Planer, der Errichter, der Betreiber oder der Entwickler?

Industrie 4.0 ist ein diffiziler Entwurf und will wohl überlegt sein, wenn man nicht als entmündigtes Individuum enden möchte.