Das Mensch/Maschine Interface

Bedienoberflächen von Mischpulten - alles nur eine Frage von Gewöhnung oder Marketing?

Schade, wie häufig die Möglichkeiten der Digitaltechnik und des Computerzeitalters vertan werden. Entweder wird aus verschiedenen Gründen ganz auf eine Oberfläche verzichtet und alles spielt sich auf unendlichen Menüebenen und Sonderfunktionen auf einem Monitor ab. Oder es wird krampfhaft versucht, die analogen Funktionen herkömmlicher Mischpulte digital abzubilden. Als ob alles beim alten bleiben müßte und keine neuen Chancen bestünden. Sollte nicht stattdessen versucht werden, die Erfahrungen aus den vergangenen Jahrzehnten, also kanalbezogenes Bedienen mit den Vorzügen einer Zentralbedienung und freier Konfiguration der Oberfläche zu kombinieren? Dabei stehen taktile und intelligente Kontrollelemente zur Verfügung, die schnelles und intuitives Zugreifen ermöglichen. Smarte Displays und eindeutige, sich den jeweiligen Anforderungen anpassende große Anzeige- und Stellelemente gewährleisten dabei eine Übersichtlichkeit, die auch in kritischen Situationen genaue Auskunft erteilen und keine Verwirrung aufkommen lassen. Statt einer Unzahl von Zuweisungen und Menüebenen geben einzelne Tastenbetätigungen den Zutritt zu den gewünschten Funktionen. Und der Tontechniker kann sich, mit wenigen Handgriffen, eine Oberfläche erstellen, die ihm und seiner Intuition entspricht – also Zeit und Raum für das kreative Schaffen läßt.

Nur eine auf menschliche Anforderungen und Besonderheiten zugeschnittene Bedienoberfläche kann die Arbeit wirklich erleichtern. Noch nie haben intelligente Hilfsmittel wie Rechner und Displays in einem Rahmen zur Verfügung gestanden, wie sie das heute tun. Leichter gesagt als getan. Um die notwendigen Informationen möglichst genau und schnell ablesbar wiedergeben zu können, muß einiger technischer Aufwand getrieben werden. Bargraph Pegelanzeigen, die auf Wunsch an verschiedenen Stellen des bearbeiteten Kanal auftauchen, gehören hier ebenso zu den Standardanforderungen, wie 7-Segment Anzeigen für textliche und numerische Darstellungen. Motorfader, motorgetriebene Joysticks, Bogen- oder Kreisanzeigen die Auskünfte über Filtergüte, Position des Drehgebers oder die gewählte Frequenz geben, runden das Bild ab. Dabei ist aber stets darauf zu achten, daß der Anwender nicht mit zu viel Information gefüttert wird, wie auch rein textliche Darstellungen (außer vielleicht auf dem Computermonitor) völlig über das Ziel hinausschießen.

Die Möglichkeit, allen Knöpfen und Schaltern beliebige Funktionen zuzuweisen, klingt beim ersten Betrachten wunderbar. Leider kann hierbei ein wahres ‚Funktions-Babylon‘ entstehen, mit dem kein sinnvolles Arbeiten möglich ist. Daher ist es notwendig, vordefinierte Bedienstrukturen, nennen wir sie einmal Masken, anzubieten, und dem Anwender die Möglichkeit zu geben, eigene Masken zu entwerfen und den entsprechenden Elementen zuzuweisen. Hierdurch lassen sich die Bediengeschwindigkeit und der Komfort drastisch steigern.

Und noch ein letztes Argument: Auch dem Anwender bleibt es nicht erspart, sich an die neuen Möglichkeiten anzupassen. Das heißt im Klartext, daß die Unzahl an Möglichkeiten ein diszipliniertes und geordnetes Arbeiten verlangt. Ist man sich erst einmal darüber im klaren, daß man heute kein Mischpult mehr aussuchen muß, daß den Anforderungen am nächsten kommt, sondern die Oberfläche und Signalbearbeitung den Aufgaben anpassen kann, lassen sich unaufgeräumte und wild konfigurierte Oberflächen ganz leicht vermeiden. Neue Technik erfordert neue Denkansätze.

Die letzten Jahre haben viele Wege und aufregende Chancen eröffnet – wollen wir sie nicht ungenutzt vorübergehen lassen.